Wir sind Kirche zum fünften Jahrestag der Wahl von Papst Franziskus (13. März 2018)
Pressemitteilung München / Rom, 5. März 2018
Fünf Jahre nach der Wahl von Papst Franziskus (13. März 2013) appelliert die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche an Papst Franziskus, den Reformprozess der römisch-katholischen Kirche fortzusetzen und in aller Konsequenz zu intensivieren. Die katholische Reformbewegung ruft die Bischöfe und die Kardinäle, die Franziskus gewählt haben, auf, den neuen Kurs von Papst Franziskus endlich mit eigenen Ideen zu unterstützen. „Nur wenn die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils fortgeführt werden, ist die Kirche zu retten!“, so der renommierte Schweizer Theologe Hans Küng im Herbst 2012 > PDF, der selbst Konzilsberater war und am 19. März 2018 seinen 90. Geburtstag feiern wird.
In den Pontifikaten von Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013) wurden die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und weitere anstehende Erneuerungen nur langsam umgesetzt, vom Lehramt häufig relativiert und in vielem sogar massiv behindert und bekämpft. Angesichts dieser 35-jährigen Blockaden und gegen viele Widerstände von Kurie und Kirchenleitung hat Papst Franziskus nach Ansicht von Wir sind Kirche in seinen ersten fünf Pontifikatsjahren sehr viel mehr erreicht, als viele es für möglich hielten.
Papst Franziskus kommt aus Lateinamerika, dem Kontinent, auf dem viele Visionen dieses Reformkonzils aufgenommen, weiterentwickelt und umgesetzt wurden. Franziskus brachte die dort gegen den entschlossenen Widerstand Roms entwickelte und praktizierte Befreiungstheologie in den Vatikan und macht sie für die Weltkirche nutzbar. Er greift auf die Gedanken einer armen Kirche, auf innerkirchliche Reformprojekte und auf gesellschaftspolitische Positionen von Papst Paul VI. (1963-1978) zurück (vgl. auch www.pro-konzil.de/katakombenpakt-fur-eine-dienende-und-arme-kirche). Kirchliche Struktur-, Finanz- und Seelsorgereformen sowie der Einsatz für gesellschaftliche Sozialreformen gehören ebenso dazu wie ein erneuertes Verständnis von Ehe und Familie, eine neue Sichtweise auf die Stellung der Frau sowie das Ende der Diskriminierung von Homosexualität.
Unterstützung für konkrete Reformen auch in der Kirchenstruktur
Bereits das programmatische Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“ (2013) zeigte sehr deutlich den Willen von Franziskus zu konkreten Reformen, auch in der Kirchenstruktur. Die Umwelt- und Sozialenzyklika „Laudato Si’ “ (2015) wurde innerhalb und außerhalb der Kirche sehr positiv aufgenommen und kann als Vorbild für ein kirchliches Lehrschreiben gelten. Der Club of Rome hält diese Enzyklika für „historisch“ und für einen Meilenstein, da sie die Wirtschaftslogik als selbstmörderisch entlarvt und eine neue Umweltethik fordert.
Mit den beiden Familiensynoden (2014/2015) und mit dem nachsynodalen Schreiben „Amoris Laetitia“ (2016) leitete Franziskus die dringend notwendige Fortentwicklung der katholischen Sexualethik und Pastoraltheologie ein. Die kontroversen Reaktionen zu „Amoris laetitia“ haben den von Papst Franziskus gewünschten Diskurs über die lange blockierten Themen eingeleitet. Doch absolutistische Systeme lassen sich nicht durch kontinuierliche Reformen auflösen; dramatische Korrekturen und Brüche werden unvermeidlich sein.
Wie stark noch der Widerstand gegen eingreifende Reformen im Vatikan ist, zeigt die Tatsache, dass Papst Franziskus bei mehreren Weihnachtsempfängen scharfe Kritik an der Römischen Kurie geübt hat. Paradoxerweise verweigern nun einige Kardinäle, Bischöfe und Theologen, die vehement die Loyalität zu früheren Päpsten gefordert hatten, Papst Franziskus die Gefolgschaft, obwohl sein Kurs auf der Linie des Zweiten Vatikanischen Konzils liegt und dieses fortschreibt.
Bischöfe und Theologen weltweit stehen in der Verantwortung
Angesichts dieser Widerstände braucht Papst Franziskus auf seinem Reformkurs dringend die Unterstützung von Reformgruppen und von Initiativen (wie z.B. „Pro Pope Francis“ pro-pope-francis.com oder „Pro Papa Francisco“ propapafrancisco.com). Doch das reicht nicht. Entsprechend der von Papst Franziskus geförderten konsequenten Dezentralisierung stehen nun vor allem die Bischöfe und Theologen weltweit in der Verantwortung, „in jedem Land oder jeder Region besser inkulturierte Lösungen“ zu suchen, „welche die örtlichen Traditionen und Herausforderungen berücksichtigen“ („Amoris laetitia Nr. 3). In der am 8. Dezember 2017 veröffentlichten Apostolischen Konstitution „Veritatis Gaudium“ formuliert Franziskus erhebliche Erwartungen an die Theologie. Der Papst fordert einen neuen Aufbruch, ein „offenes Denken“ über die großen Fragen der Gegenwart und über die Probleme, „die die ganze Welt betreffen“ (Nr. 3. 40).
Nach jahrzehntelanger Ablehnung und Unterdrückung der Erneuerungsimpulse des Konzils und der ersten nachkonziliaren Jahre müssen der innerkirchliche Dialog und der theologische Diskurs wieder neu erlernt werden. Die römisch-katholische Kirche als großer „Global Player“ hat – nicht nur in religiöser Hinsicht – Verantwortung weit über die eigene Religionsgemeinschaft hinaus. Zu hoffen ist, dass die römisch-katholische Kirche nach zwei restaurativen Pontifikaten nun auf den schon längst erforderlichen Reformkurs zurückkehrt und die notwendigen Prozesse weiterführt, die in einer sich schnell verändernden globalen menschlichen Gemeinschaft unverzichtbar sind.
Angesichts all dieser drängenden Aufgaben hofft Wir sind Kirche, dass Papst Franziskus, so Gott will, noch lange im Amt bleibt.